Alle Artikel

Illustration: Medizinstudent sitzt überfordert vorm Schreibtisch
Illustration: Medizinstudent sitzt überfordert vorm Schreibtisch
Illustration: Medizinstudent sitzt überfordert vorm Schreibtisch

Burnout im Medizinstudium

Warum 50% der Studierenden betroffen sind und was dagegen hilft

Du fühlst dich erschöpft, zynisch und zweifelst an deinen Fähigkeiten? Damit bist du nicht allein. Die Zahlen sind alarmierend: Bis zu 50% aller Medizinstudierenden zeigen Burnout-Symptome. Doch es gibt Wege aus dieser Belastungsspirale.


Medizin ist eines der stressreichsten Studienfächer

Das Medizinstudium gilt als eines der anspruchsvollsten und stressreichsten Studienfächer überhaupt. Kein Wunder: Acht naturwissenschaftliche Grundlagenfächer wie Physik, Chemie und Anatomie sowie 56 weitere medizinische Fächer von Allgemeinmedizin über Chirurgie bis hin zu Psychiatrie und Notfallmedizin müssen in mindestens sechs Jahren bewältigt werden. Hinzu kommen ein mehrmonatiger Krankenpflegedienst, Erste-Hilfe-Ausbildung und das praktische Jahr in der Klinik.

Aber es sind nicht nur die schieren Inhaltsmengen, die Studierende an ihre Grenzen bringen. Es ist die Kombination verschiedener Belastungsfaktoren:

  • Hohe Arbeitslast mit einem extrem umfangreichen Lehrplan

  • Strikte Anwesenheitspflichten, die wenig Flexibilität zulassen

  • Häufige Prüfungen, die den Druck konstant hochhalten

  • Zunehmende Verantwortung für Patient:innen, die auch emotional belastend sein kann

Der anspruchsvolle medizinische Lehrplan wirkt sich dabei seit langem nachweislich negativ auf das Wohlbefinden von Studierenden aus.


Die Zahlen, die aufrütteln sollten

Die wissenschaftliche Datenlage ist eindeutig und besorgniserregend:

  • Burnout-Prävalenzen: Zwischen 37,2% und 50% der Medizinstudierenden zeigen Burnout-Symptome. Das bedeutet: Jede:r zweite Studierende ist betroffen.

  • Depressive Symptome: 47% der Studierenden berichten von depressiven Symptomen.

  • Suizidgedanken: 25% der Studierenden geben an, bereits Suizidgedanken gehabt zu haben.

Diese Zahlen sind alarmierend und zeigen deutlich: Das Problem ist kein individuelles Versagen, sondern ein systemisches.


Wann der Stress besonders hoch ist

Nicht alle Phasen des Studiums sind gleich belastend. Die Forschung zeigt klare Muster:

  • Die vorklinischen Jahre: In den ersten zwei Jahren des Studiums nimmt der Stress besonders stark zu. Der Übergang von der Schule zur universitären Lernumgebung, gepaart mit der Stoffmenge in Fächern wie Anatomie, Biochemie und Physiologie, überfordert viele.

  • Pharmakologie und Mikrobiologie: Diese Fächer gelten als besondere Belastungsgipfel aufgrund ihres hohen inhaltlichen Umfangs. Die schiere Menge an Medikamentennamen, Wirkmechanismen und Mikroorganismen, die auswendig gelernt werden müssen, bringt viele an ihre Grenzen.


Was steckt hinter dem Burnout?

Burnout im Studium äußert sich durch drei zentrale Faktoren:

  1. Emotionale Erschöpfung: Das Gefühl, ausgebrannt und leer zu sein, keine Energie mehr zu haben

  2. Zynismus: Eine distanzierte, gleichgültige Haltung gegenüber dem Studium und später auch gegenüber Patient:innen

  3. Verringerte Selbstwirksamkeit: Zweifel an den eigenen Fähigkeiten, das Gefühl, trotz Anstrengung nicht gut genug zu sein

Diese drei Komponenten verstärken sich gegenseitig in einer Abwärtsspirale: Wer erschöpft ist, entwickelt eine zynische Haltung als Schutzmechanismus. Wer zynisch ist, investiert weniger Energie. Wer weniger investiert, hat schlechtere Ergebnisse, was die Selbstwirksamkeit weiter reduziert.


Was dagegen hilft: Konkrete Ansätze

Die gute Nachricht: Es gibt wissenschaftlich fundierte Ansätze, die nachweislich helfen können.

1. Druck rausnehmen durch andere Bewertungssysteme

Eine interessante Studie aus den USA zeigt: Als amerikanische Universitäten vom klassischen Notensystem auf ein "Bestehen ohne Note"-System umstellten, reduzierten sich Stress und Konkurrenzdruck signifikant. Die Studierenden berichteten von verbesserter Stimmung, da die extrinsische Motivation (der Druck von außen durch Noten) reduziert wurde.

Was das für dich bedeutet: Versuche, dich nicht primär über Noten zu definieren. Setze dir eigene Lernziele, die auf Verständnis und Kompetenzaufbau abzielen, nicht auf die bestmögliche Note.

2. Der Wandel zu studierendenzentrierten Lernformaten

Die medizinische Ausbildung befindet sich im Wandel – von reiner Wissensvermittlung hin zu studierendenzentrierten Ansätzen mit mehr selbstbestimmtem Lernen. Moderne Instruktionsformate wie Problem-Based Learning, Team-Based Learning oder Case-Based Learning rücken selbstgesteuertes Lernen in den Vordergrund.

Was das für dich bedeutet: Nutze Lernformate, die dir mehr Kontrolle und Selbstbestimmung geben. Beim Case-Based Learning kannst du beispielsweise Wissen direkt auf reale klinische Fälle anwenden, was nicht nur effektiver ist, sondern auch motivierender.

3. Flexible und selbstbestimmte Lernzeiten

Die Forschung zeigt eindeutig: Studierende brauchen mehr Flexibilität und Selbstbestimmung in ihrem Lernprozess. Starre Strukturen und strikte Anwesenheitspflichten verstärken das Gefühl von Kontrollverlust.

Was das für dich bedeutet: Suche nach Lernressourcen, die dir zeitliche und örtliche Flexibilität ermöglichen. Mobile Lern-Apps, Microlearning-Einheiten oder Online-Kurse können dir helfen, das Lernen in deinen individuellen Tagesablauf zu integrieren, statt dich einem starren Zeitplan unterwerfen zu müssen.

4. Kleine Schritte statt Überforderung

Einer der größten Stressfaktoren ist das Gefühl, den gewaltigen Stoffberg nie bewältigen zu können. Hier hilft die Microlearning-Methode: Statt stundenlang zu pauken, lernst du in kurzen, fokussierten Einheiten von 5-15 Minuten.

Was das für dich bedeutet: Teile komplexe Themen in kleine, verdauliche Häppchen auf. Statt "heute lerne ich die gesamte Pharmakologie der Betablocker" setzt du dir vor: "Heute verstehe ich den Wirkmechanismus von Betablockern" (15 Minuten) und morgen "Heute lerne ich die drei wichtigsten Vertreter und ihre Indikationen" (15 Minuten).

5. Soziale Unterstützung und Austausch

Auch wenn der Wettbewerb unter Medizinstudierenden hoch ist: Sozialer Austausch und gegenseitige Unterstützung sind essentiell. Gemeinsames Lernen kann die Last erträglicher machen.

Was das für dich bedeutet: Suche dir Lerngruppen oder zumindest Ansprechpartner:innen, mit denen du dich austauschen kannst. Das Gefühl, nicht allein zu sein, kann bereits entlastend wirken.


Wie Ampullarium dabei unterstützen kann

Bei der Entwicklung von Ampullarium haben wir genau diese Herausforderungen im Blick gehabt. Unsere Lernplattform basiert auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Stress, Burnout und effektivem Lernen:

  • Kurze Lerneinheiten (Microlearning) reduzieren die kognitive Überlastung und ermöglichen Lernen auch in kurzen Pausen

  • Zeitliche und örtliche Flexibilität durch die mobile App – lerne wann und wo es für dich passt

  • Selbstbestimmtes Lernen durch freie Wahl der Reihenfolge und des Tempos

  • Fokus auf die komplexesten Fächer wie Anatomie oder Pharmakologie

  • Spielerische Elemente (Gamification), die Motivation fördern, ohne zusätzlichen Druck aufzubauen

  • Individuelles Feedback, das deine persönliche Entwicklung zeigt, nicht den Vergleich mit anderen


Fazit: Du bist nicht allein und es gibt Lösungen

Die Zahlen zu Burnout, Depression und Suizidgedanken im Medizinstudium sind erschreckend. Aber sie zeigen auch: Das Problem liegt nicht bei dir als Individuum, sondern im System. Wenn 50% aller Studierenden betroffen sind, dann ist es höchste Zeit für Veränderungen.

Diese Veränderungen finden bereits statt: Hin zu mehr Flexibilität, Selbstbestimmung und studierendenzentrierten Lernformaten. Nutze diese Angebote. Suche dir Lernmethoden und -ressourcen, die zu deinem Lebensstil passen, die dich unterstützen statt zu überfordern, und die dir das Gefühl von Kontrolle und Kompetenz zurückgeben.

Denn eines ist klar: Die medizinische Ausbildung sollte dich auf deinen Beruf vorbereiten – nicht krank machen.

Quellen

Studien zu Burnout und Stress im Medizinstudium:

  • Boone, A., Braeckman, L., Michels, N., Van den Broeck, K., Kindermans, H., Roex, A., Lambrechts, M.-C. , Vandenbroeck, S., Bijnens, A., Van den Acker, S., Boghe, S., Vanneck, C., Devroey, D. & Godderis, L. (2025). Burnout in medical education: interventions from a co-creation process. BMC Medical Education25(1). doi: https://doi.org/10.1186/s12909-025-06833-4

  • Klein, H. J. & McCarthy, S. M. (2022). Student wellness trends and interventions in medical education: a narrative review. Humanities And Social Sciences Communications9(1). doi: https://doi.org/10.1057/s41599-022-01105-8

  • Voltmer, E., Köslich-Strumann, S., Voltmer, J.-B. & Kötter, T. (2021). Stress and behavior patterns throughout medical education – a six year longitudinal study. BMC Medical Education21(1). doi: https://doi.org/10.1186/s12909-021-02862-x

Studien zum Wandel in der medizinischen Ausbildung:

  • Kirch, S. A. & Sadofsky, M. J. (2021). Medical Education From a Theory–Practice–Philosophy Perspective. Academic Pathology8. doi: https://doi.org/10.1177/23742895211010236

  • Wijnia, L., 1,2, Noordzij, G., 3, Arends, L. R., 4,5, Rikers, R. M. J. P., 1 & Loyens, S. M. M., 1. (2024). The Effects of Problem‑Based, Project‑Based, and Case‑Based Learning on Students’ Motivation: a Meta‑Analysis. Educational Psychology Review (36–29). doi: https://doi.org/10.1007/s10648-024-09864-3

Daten zur Struktur des Medizinstudiums:

  • Bundesärztekammer. (2022). Allgemeine Informationen zum Medizinstudium. Zugriff am 02.11.2025. Verfügbar unter https://www.bundesaerztekammer.de/themen/aerzte/aus-fort-und-weiterbildung/aerztliche-ausbildung/allgemeines